Mai 20

Wie lange habe ich noch?

Nach der Diagnose oder auch später stellt man sich von Zeit zu Zeit die Frage, wie die Prognose ist. Letztendlich ist die Lebenserwartung bei Parkinson nicht signifikant verkürzt, aber trotzdem bleibt der Kloß im Hals.

 

Etwas wird sich ja verändern.

Die Veränderung findet bei den Symptomen statt. Aus den anfänglich schwachen Symptomen werden nach und nach Einschränkungen, die sich immer weiter auf das Leben ausweiten.

Es gibt viele Faktoren, die die Lebensqualität nachhaltig beeinflussen. Aber wie kannst du Klarheit über den Krankheitsverlauf bekommen?

 

Hoehn und Yahr ist eine Skala, die den Schweregrad der Parkinson-Erkrankung misst.

Als ich das Modell kennenlernte, habe ich den Nutzen deutlich unterschätzt. Ich habe es nur als Gradmesser für das Voranschreiten der Parkinson-Erkrankung gesehen.

Heute sehe ich die Bedeutung der Einteilung in einem anderen Licht.

 

Klar, einfach gesprochen bezeichnet Hoehn und Yahr fünf Stadien.

Die Einteilung stellt dar, wie sich die Symptome ausbreiten.

Während es am Anfang beruhigend ist, festzuhalten, dass noch keine beidseitige Symptomatik vorliegt, ist es im späteren Verlauf frustrierend, die Nähe zum letzten Stadium zu sehen.

 

Doch was bezeichnet Hoehn und Yahr genau?

Stadium 0:
Keine Anzeichen der Erkrankung

Stadium 1:

  • einseitige Erkrankung
  • leichte Symptome
  • Symptome unangenehm, aber nicht beeinträchtigend
  • in der Regel ist der Tremor nur einseitig
  • für Außenstehende ist eine Veränderung der Haltung, Bewegung und Mimik sichtbar

Stadium 1.5:

  • Einseitige Erkrankung mit Beteiligung der Körperachse (mit Haltungsschwierigkeiten)

Stadium 2:

  • Beidseitige Erkrankung ohne Gleichgewichtsstörung
  • Haltung und Gang sind beeinträchtigt
  • möglicherweise kyphotische Haltung, Antriebslosigkeit und Sprechstörungen
  • minimale Behinderung
  • Haltungsreflexe sind noch intakt

Stadium 2.5

  • Beidseitige Erkrankung mit reduzierten automatischen Reflexen (Ausgleich beim Zugtest)

Stadium 3:

  • Leichte bis mäßige beidseitige Erkrankung mit leichter Haltungsinstabilität
  • signifikante Verlangsamung der Körperbewegungen
  • beginnende Beeinträchtigung des Gleichgewichts beim Gehen und Stehen
  • Haltungsprobleme
  • mittelschwere generalisierte Dysfunktion

Stadium 4:

  • starke Behinderung
  • schwere Symptomatik
  • Gehfähigkeit bis zu einem gewissen Grad noch erhalten
  • Muskelsteifheit und Verlangsamung sowie Bewegungsarmut können verstärkt sein
  • selbstständig wohnen ist eingeschränkt oder unmöglich
  • Tremor kann im Vergleich zu früher zurückgegangen sein

Stadium 5:

  • starke Behinderung und auf Hilfe angewiesen
  • Kachexie
  • Rollstuhl oder Bettlägerig

 

Doch was für einen weiteren Nutzen kann die Skala haben, als den Schweregrad zu messen?

Die Skala gibt auch einen einfachen Anknüpfungspunkt für das notwendige Training und deine Bedürfnisse.

Die Ziele verändern sich im Laufe der Erkrankung.

Am Anfang der Erkrankung steht die Prävention im Vordergrund. Durch das Vorausschauen ist es leicht, ein entsprechendes Training zu planen und die ersten Maßnahmen einzuleiten.

In der Honeymoonphase ist es wichtig:

  • aktiv zu sein
  • die Angst vor dem Bewegen zu reduzieren
  • präventiv auf die Angst vor einem Sturz einzugehen
  • die Kondition zu verbessern

In der mittleren Phase, die etwa dem Hoehn und Yahr-Stadium 2 bis 4 entspricht, kommen eine Reihe von Zielen hinzu:

Der Erhalt und das Verbessern verschiedener Aktivitäten wie:

  • Transfer
  • Haltung
  • Greif- und Armbewegungen
  • Gleichgewicht
  • Laufen
    stehen im Vordergrund.

Im letzten Stadium geht es außerdem verstärkt um:

  • den Erhalt der vitalen Funktionen
  • Dekubitusprävention
  • Kontrakturprävention

Betrachte ich allerdings die gerade aktive Veränderung und die noch bevorstehenden Veränderungen im Einzelnen, sehe ich deutlicher das Potenzial.

Zum Beispiel nimmt das Gleichgewicht zwischen Stadium 2 und 3 durch die schlechter werdenden automatischen Reflexe ab. Ein gezieltes frühes Training schult die Ressourcen, während im ersten Stadium Ausdauer und Kraft besonders viel Sinn ergeben, um frühzeitig Haltungsproblemen entgegenzuwirken.

In diesem Sinne: Bleib fit trotz Parkinson!

Silke