Die 12 absoluten Highlights vom deutschen Parkinson-Kongress

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Neues über Parkinson

Am 4. und 5. März 2021 fand der Deutsche Parkinson-Kongress aufgrund des Corona-Virus digital statt. Zahlreiche Referenten präsentierten ihre Highlights rundum das Thema Parkinson und anderen Bewegungsstörungen. Es gab außerdem eine Akademie, um die multidisziplinäre Zusammenarbeit zu stärken. Hier gab es Beiträge zur Pflege, der Bewegungstherapie und der Sprachtherapie. 

Damit du auf dem Laufenden bist, möchte ich dir hier die 12 absoluten Highlights präsentieren, was es Neues über Parkinson gibt. 

Wegen der Menge an Infos wird es hierzu zwei Teile geben.

Neues über Parkinson


Meine 12 Highlights vom digitalen Parkinson-Kongress:

1

L-Dopa Abbau im Darm

Normalerweise erwarten wir von Medikamenten, dass sie nach der Einnahme ungehindert wirken. Bei L-Dopa besteht aber das Problem, dass es die Blut-Hirn-Schranke überwinden muss, bevor es in Dopamin umgebaut wird. 

Neuste Erkenntnisse zeigen, dass L-Dopa aber auch schon im Darm von den Bakterien umgewandelt werden kann. Verantwortlich ist hierfür die Darmflora des Menschen. Durch den verfrühten Abbau kann das Medikament an Wirksamkeit verlieren. 

Aktuell wird weiter geforscht, um welche Darmbakterien es sich neben Enterococcus faecalis im Einzelnen handeln könnte. 

2

THS Einstellung

Aktuell ist die postoperative Schrittmachereinstellung mit einem hohen Zeitaufwand verbunden und häufig mit langen Anfahrtszeiten verknüpft. 

In ihren Vorträgen berichteten die Referenten Dr. Anna Dalal Kirsch und Dr. Philipp Capetian ausführlich über das Thema Tiefe Hirnstimulation.

Multidirektionale Elektroden ermöglichen eine genauere Einstellung, sind aber deutlich zeitintensiver. Hier gibt es mehr Möglichkeiten. Normalerweise wird die Einstellung über Tests vorgenommen. Um Zeit zu sparen und den Aufwand zu senken, wird inzwischen teilweise mit einer bildgebenden Programmierung gearbeitet, die dabei hilft, die Elektrodenlage näher zu bestimmen. Anschließend ist der Zeitaufwand niedriger, um die übriggebliebene Möglichkeiten auszutesten und die Wirkung der THS zu optimieren.


Außerdem hoffen die Ärzte darauf, dass in Zukunft auch digital eine Einstellung vornehmen zu können. Dies ist nicht nur im Hinblick auf die Pandemie sinnvoll, sondern kann dem Patienten aufwendige Anfahrten ersparen.

 Außerdem erwarten sie Ärzte, dass auch hiesige Neurologen irgendwann die Einstellung vornehmen können.

3

Parkinson und Corona

Parkinson-Erkrankte scheinen nicht häufiger an Corona zu erkranken als der Durchschnitt. Vielleicht bieten sogar Medikamente Amantadin und Dopaminagonisten laut Prof. Dr. Peter Berlit einen Schutz vor der Infektion.

Die mögliche Parkinsonverschlechterung nach einer Corona-Erkrankung hingegen scheint ähnlich zu sein, wie nach anderen Infekten auch. Ggf. wird die Verschlechterung durch die Inaktivität und Autoimmunreaktion, aber auch Stress und die soziale Distanzierung begünstigt. Eine graduelle Verschlechterung im motorischen und nicht-motorischen Symptomen ist zurzeit allerdings auch denkbar, wenn man nicht an direkt an Corona erkrankt ist. Hierfür sind vermutlich ebenfalls Stress, Inaktivität, weil die Therapien und Sportangebote ausgefallen sind, und die soziale Distanzierung verantwortlich.

4

Wenn das Ende naht...

In seinem Vortrag berichtete Prof. Dr. Stefan Lorenzl von seiner Erfahrung auf der Palliativstation. Dort konnte er einige Patienten unerwartet nach Hause entlassen, weil sie in Wahrheit vorher nicht gut eingestellt waren.

Mein Tipps daher wenn die Behandlung Zuhause aus organisatorischen Gründen nur durch einen Hausarzt stattfindet, einen spezialisierten Neurologen zu Rate zu ziehen. In einigen Fällen kann eine Optimierung der Medikamente die Lebensqualität wieder steigern.


Grundsätzlich ist es für Angehörige teilweise schwer die Situation selbst gut einzuschätzen. Daher sind Gespräche mit dem Arzt oder Spezialisten sehr wertvoll. Wenn man allerdings auch als Angehöriger emotional und/oder psychisch stark belastet ist, schlecht geschlafen hat, kann evt. eine weitere Person bei den Terminen hilfreich sein. Damit kann man sich im Nachhinein nochmal besprechen und die Informationen, die der Arzt vermittelt hat, häppchenweise und fernab einer Stresssituation erklärt bekommen.

5

Bewegungstraining

Parkinson-Erkrankte sind 30% weniger körperlich aktiv als gleichaltrige gesunde Menschen. 75% der Wachzeit verbringen sie sitzend/liegend.

Daher sind Maßnahmen notwendig, um aktiver zu werden. 

Ein Ausdauertraining für Parkinson-Erkrankte ist inzwischen gut erforscht. Dr. Christian Schlenstedt empfiehlt 3 mal pro Woche ein Ausdauertraining von 30-40 Minuten bei einer 60-80% der Herzfrequenzreserve zu absolvieren.

6

Neuroprotektion

Die Entwicklung von Medikamenten zur Neuroprotektion ist in vollem Gange. Dabei werden derzeit unterschiedliche Verfahren und Medikamente getestet, berichtet Prof. Dr. Günter Höglinger optimistisch.

7

Tipps zur Pflege

  1. Wenn du in der Pflege tätig bist, solltest du bedenken, dass ein Patient plötzlich beweglich sein kann und dann unerwartet in ein Off geraten kann, wodurch er zeitweise seine Selbständigkeit verliert und auf Hilfe angewiesen ist.
  2. Auch mobile Patienten können plötzlich stürzen.
  3. Manche Patienten schwitzen sehr stark und brauchen zwischendurch eine Dusche und/oder trockene Kleidung
  4. Durch den Dopamin-Mangel kann auch die Stimmung stark schwanken. Die Laune heißt nicht, dass Patienten unwillig sind und unkoorperativ.

Weitere Tipps findest du in der -> Pflegeschule (Mit dem Link verlässt du die Webseite)

8

Individualisierte Therapie

Damit individueller auf den Patienten eingegangen werden kann, brauchen Ärzte ein tieferes Verständnis über die genetischen und auch klinischen Erscheinungsbilder. 


Die Krankheit ist sehr komplex und verläuft sehr unterschiedlich. Während der Eine nach zehn Jahren noch Tennis spielen kann, geht ein anderer Patient nach dieser Zeit nur noch am Rollator.


Es gibt diverse Studien, die Subgruppen differenzieren, aber diese sind am Ende so grob, dass sie noch eine schlechte Unterstützung bei therapeutischen Entscheidungen darstellen.


Außerdem ist es wichtig auf die Vorlieben und Besonderheiten der Patienten einzugehen. Hier sind auch unterschiedliche Erkrankungen, die eine Rolle spielen können.


9

Neuropsychiartrische Begleiterkrankungen

Es kann aus unterschiedlichen Gründen zu psychischen Begleiterscheinungen kommen:

  1. nicht motorisches Symptom

  2. Nebenwirkungen krankheitsspezifischer Medikation

  3. Komorbid bestehende psychische Erkrankung

  4. Folge dysfunktionaler Krankheitsverarbeitung

Oft lassen sich die Symptome durch eine Optimierung der Medikamente verbessern.

10

Europäische Physiotherapieleitlinie

In der Leitlinie werden folgende Techniken nicht erwähnt:

  • Dehnung,
  • Massage und
  • manuelle Therapie (passive Therapieinhalte!)

Die vorrangigen Heilmittel sind: KG, KG Gruppe, KG ZNS, KG im Bewegungsbad (Gruppe)

11

Früh L-Dopa oder besser später?

In der LEAP- Studie aus dem Jahr 2019 wurden 80 Wochen lang Parkinson-Erkrankte begleitet und damit die frühe oder spätere Einnahme von L-Dopa verglichen. Die früh mit L-Dopa gestartet sind, schnitten anfangs besser ab, was mit einer besseren Lebensqualität einherging als die andere Gruppe, die nach 40 Wochen L-Dopa erhielt. Dieser Vorsprung war aber nach einigen Wochen mit L-Dopa Gabe verschwunden. Es scheint also weder einen Vorteil, noch einen dauerhaften Nachteil zu geben. 

12

Nicht verschreibungspflichtige Medikamente

Auch nicht verschreibungspflichtige Medikamente können eine große Wirkung haben, wie an dem Beispiel der Juckbohne deutlich wurde. Daher ist es sinnvoll alle Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel beim Arzt zu erwähnen, um eine optimale Einstellung erhalten zu können.

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Mehr Informationen

Fazit

Bei Parkinson gibt es immer wieder neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Diese sichern teilweise bisherige Vermutungen ab oder bringen komplett neue Möglichkeiten ans Licht.

Wenn du mehr Tipps haben möchtest und lernen möchtest, aktiver zu werden, dann findest du viele Informationen und Übungen auch im digitalen Trainingsbereich. Für die Mitglieder gibt es einmal im Quartal die Möglichkeit Fragen einzureichen, die ich in den Sprechstunden beantworte. 

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