April 28

Schmerzen und Parkinson treten in vielen Fällen gemeinsam auf. Was Schmerzen mit Parkinson zu tun haben und erste Tipps für den Umgang mit Schmerzen, bekommst du im ersten Teil.

Im zweiten Teil erfährst du dann, wie du gezielt deine Schmerzen reduzieren kannst.

 

Schmerzen

Vorab: Schmerzen sind ein subjektives Empfinden. Das bedeutet, dass Schmerzen nicht tatsächlich aufgrund einer aktuellen Verletzung auftreten müssen.

Normalerweise sind Schmerzen das Signal, dass ein Schaden am Körper entstanden ist oder zu entstehen droht. Dies ist sinnvoll, um die Aufmerksamkeit auf das aktuelle oder drohende Problem zu richten. Somit kann zum Beispiel ein Dorn im Fuß sofort beseitigt werden. Oder man stillt die Blutung oder macht eine Pause, weil eine Aktivität anstrengend war. In diesen Fällen ist der Schmerz sehr sinnvoll und von Vorteil.

Doch damit nicht genug. Der Schmerz bleibt als Warnsignal solange, bis die Wunde so weit abgeheilt ist, dass sie belastbar genug ist. Auch das ist natürlich sehr sinnvoll. Allerdings ist die Beurteilung, ob ein Gewebe belastbar genug ist, nicht zwingend objektiv. Hierbei spielen bewusste und unbewusste Bewertungen und Erwartungen eine Rolle.

Ein einfacher Dorn stellt unserer Erfahrung nach keine besondere Gefahr dar. Anders sieht es bei einer größeren Schnittverletzung aus. Wenn wir glauben, dass tieferliegendes Gewebe wie Nerven oder Muskeln dauerhaft beschädigt sind, bekommt der Schmerz schon eine andere Note. Auch die Angst, deshalb den Job zu verlieren, kann den Schmerz weiter steigern. Durch die Bedrohung oder Erwartungshaltung wird automatisch vom Gehirn der notwendige Vorgang eingeleitet. Wird der Schaden größer eingeschätzt, muss auch mehr getan werden.

Bildhaft kann man den Prozeß mit einem Gutachter vergleichen. Auf der einen Seite ist es ein sachlicher Gutachter, der die notwendigen Schritte einleitet, damit der Schaden schnell behoben werden kann. Die Arbeit geht anschließend schnell weiter.
Auf der anderen Seite kann aber auch ein sehr ängstlicher Gutachter ans Werk gehen. Dieser schaltet die komplette Maschinerie ein und legt die vollständige Produktion damit lahm. Auch wenn dann anschließend der Schaden behoben wurde, bleibt die Fabrik über einen langen Zeitraum mit den Aufräumarbeiten beschäftigt oder befindet sich weiter im Alarmzustand.

So kannst du dir vielleicht in etwa vorstellen, wie es in deinem Körper läuft. Der Schaden kann - sachlich betrachtet - nur gering sein, aber durch die Beurteilung ein großes Ausmaß annehmen.

Es kann sogar sein, dass es im Grunde gar keinen wirklichen Schaden gibt, sondern dass nur der Gutachter einen normalen Ablauf als Problem definiert. Auch in dem Fall kannst du Schmerzen empfinden.

Nicht jeder Schmerz hat also eine reale Ursache. Nicht jeder Schmerz bedeutet immer eine Bedrohung. Schmerzen sind Zeichen, die sehr unangenehm sein können.

 

 

Parkinson und Schmerzen

Der Botenstoff Dopamin hat Auswirkungen auf das Leben und deine Lebensqualität. Er beeinflusst das Glücklichsein und die Motivation. Außerdem ist die Schmerzwahrnehmung bei Parkinson verändert.
Schmerzen können nervenaufreibend und kräftezehrend sein. Deine Bewertung und dein Umgang sowohl mit den Schmerzen als auch mit Parkinson spielt hier eine wichtige Rolle, wie ich gerade erklärt habe.

Je mehr du Parkinson oder deinen Schmerz als Bedrohung ansiehst, desto höher wird vermutlich dadurch alleine schon dein Schmerzempfinden sein.

[leap_ul][leap_li icon="hand-o-right" iconcolor="#000000"]Der erste sinnvolle Schritt ist daher: Schalte das Gefühl aus, dass der Schmerz eine Bedrohung ist![/leap_li][/leap_ul]

 

Warum hast du gerade Schmerzen?

Betrachte deinen Schmerz.

Welcher Art und an welcher Stelle ist er? Wann trat er zuerst auf?

Schau auch zurück, ob du dich in den Wochen und Monaten vorher gleich verhalten hast.

Gab es irgendwelche veränderten Lebensumstände? Hattest du mehr Stress? Hast du schlecht geschlafen? Ist die Bewegung zu kurz gekommen, deine Therapie öfter ausgefallen?

Schau einmal ganz sachlich auf deine Situation. Ein liebevoller Blick ist hier häufig hilfreicher. Denn wenn du dich und deinen Körper verstehst, dann sinkt das Gefühl der Bedrohung und damit auch der Schmerz.

 

Der Schmerz ist ein Signal. Er ist in deiner bewussten Wahrnehmung.

 

Schmerzen bei Parkinson können sekundärer Natur sein oder primär durch die Läsionen im zentralen Nervensystem entstehen. Schmerzen, die ursprünglich aus dem zentralen Nervensystem kommen, fühlen sich häufig brennend, dumpf, juckend oder stechend an.

 

Sekundäre Schmerzen durch:

  • Fehlhaltungen
  • Steifheit
  • Bewegungsarmut
  • Tremor
  • nachlassende Wirkung der Medikamente
  • Reizung der Nervenwurzel oder im Verlauf des Nervs
  • Verstopfungen
  • andere Erkrankungen, die nicht zwangsläufig mit Parkinson zu tun haben

Wenn du in Sorge bist, dass ein größeres Problem hinter deinem Schmerz steckt, dann hilft es, wenn du dies beim Arzt abklären lässt. Damit kannst du deinen inneren Gutachter auf den Boden der Tatsachen zurückholen.

 

Was kann deinen Schmerz provozieren?

Oben hast du schon einige Punkte gelesen, die deinen Schmerz verursachen können. Verursachen ist nicht gleichbedeutend mit provozieren. Die Ursache selbst kann ursprünglich etwas anderes gewesen sein.

 

Beispiel:

Deine Schmerzwahrnehmung ist durch Parkinson höher. Deine Haltung ist ungünstig. Du brauchst für eine Tätigkeit länger und reizt dabei einen Nerv. Die Folge sind Rückenschmerzen, die ins Bein ausstrahlen.

Die Provokation dieser Beschwerden können aber weitere Faktoren sein.

 

Beispiel:

Du hast dir genau wie oben deinen Nerv gereizt. Jetzt hast du Rückenschmerzen und Angst, dass du deinen Garten nicht mehr selbst pflegen kannst. Du weißt, dass du einen Gärtner nicht bezahlen kannst. Deine Selbstständigkeit möchtest du auf keinen Fall verlieren. Eine Pause fühlt sich für dich wie eine Niederlage an, weil du keine Hilfe hast. Daher machst du möglichst dein gewohntes Pensum. Du schläfst dadurch nachts schlecht, weil dir dein Rücken und dein Bein wehtun. Die Schmerzen werden immer stärker und du weißt dir keinen Rat. Morgens bist du dann nur noch steif und noch langsamer.

 

An diesem Beispiel siehst du, dass es vielleicht gut ist, zu wissen, warum du die Schmerzen bekommen hast. Noch wichtiger ist es aber, zu schauen, was die Schmerzen gerade außerdem in Stand hält.

 

Wenn ich das erste Beispiel zusammenfasse, erhalte ich:

  • veränderte Schmerzwahrnehmung
  • Fehlhaltung
  • schlechte Belastbarkeit
  • Verlangsamung

 

Beim zweiten Beispiel gibt es weitere Punkte:

  • Angst vor Verlust der Selbstständigkeit
  • fehlende Hilfe
  • fehlende Pausen
  • hohe Belastung
  • schlecht schlafen
  • mangelnde Regeneration
  • zunehmende Steifigkeit
  • höhere Verlangsamung
  • mehr Schmerzen

 

Ein guter Anfang

Mach dir eine Liste mit möglichen Punkten, die einen Einfluss auf deinen Schmerz haben. Es ist nicht wichtig, ob alles wirklich zutrifft. Du brauchst hierfür kein Arzt zu sein. Als Experte in deinem Leben weißt du, was dir gerade nicht bekommt.
Am liebsten ist uns natürlich, dass unser Körper vollkommen automatisch funktioniert, aber in der Realität ist das leider nicht so.

 

Daher schau genau hin:

Beispiele für mögliche provozierende Faktoren

  • fehlender oder unruhiger Schlaf
  • Stress
  • zu hohe Belastung
  • niedrigen Belastbarkeit
  • unausgewogene oder ungesunde Ernährung
  • zu wenig Bewegung
  • zu viel Bewegung
  • fehlende Pausen
  • zu Kurze Regenerationszeit
  • provozierende Bewegungen
  • Fehlhaltungen
  • Verspannungen
  • andere Erkrankungen
  • Sorgen, psychische Belastung
  • Angst
  • Depressionen
  • Rigor
  • fehlende Unterstützung
  • ...

 

Wie du nun selbst deine Schmerzen reduzierst

Indem du die Faktoren, die im Moment deinen Schmerzen provozieren, reduzierst, nimmt der Schmerz ab.
Fang am besten bei mehreren Punkten an. Du kannst den Schmerz direkt angehen und auch einige indirekte Faktoren wählen. Alles, was dir gut tut, dich ablenkt, positiver stimmt, reduziert dein Schmerzempfinden.

Das fängt bei positivem Denken an, geht bei einer Wohlfühlselbstmassage weiter und endet bei den optimalen Übungen.

 

Um zum obenstehenden Beispiel zurückzukehren, kannst du:

  • an der Haltung arbeiten, um die Provokation des Nerves zu reduzieren
  • öfter eine Pause einlegen
  • abwarten, bis der Schmerz weniger wird bzw. nur Bewegungen machen, die den Schmerz reduzieren
  • deine allgemeine Belastbarkeit verbessern, indem du dich nach Hilfe umschaust und wirklich darum bittest. Möglich sind Selbsthilfegruppen, Nachbarn, Verwandte, Freunde
  • deine lokale Belastbarkeit verbessern, indem du dich nur schmerzfrei bewegst und die lokale Provokation durch Muskelaufbau reduzierst
  • deine Verlangsamung verbessern, indem du dich vorher lockerst, gezielte Übungen machst und nur unter der optimalen Medikamenteneinstellung schwierige Aufgaben durchführst und damit auf das ideale Timing achtest
  • deiner Angst in die Augen sehen und alles tun, damit es (noch) nicht wahr wird. Auch positive Affirmationen oder Glücksgedanken können hier helfen
  • die Belastung reduzieren, kürzer etwas tun, weniger schwere Aktivitäten hintereinander machen, vorher lockern
  • schauen, wie du gut liegen kannst, lockernde Übungen vor dem Schlafengehen machen und deine Schlafhygiene optimieren

 

Wie du siehst, hast du hier eine große Auswahl. Eine einzelne Maßnahme hilft vielleicht noch nicht. Aber durch die Kombination steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es bald hilft.

Damit möchte ich den ersten Teil schließen. Die Aufgabe ist so wichtig, dass ich hier lieber kurz innehalte.

 

Bleib fit trotz Parkinson